Green Building: Kupferwerkstoffe reduzieren die Umweltauswirkungen von Gebäuden und gewährleisten den Verbraucherschutz

 

Lead Free Brass Initiative gegründet / Rohrsysteme aus Kupfer besonders nachhaltig

 Bonn/Düsseldorf – 01.12.2022.  Werkstoffe für den Gebäude– und Bausektor werden immer stärker unter Nachhaltigkeitsaspekten ausgewählt: wie sieht die Recyclingfähigkeit aus, was sagt der ökologische Fußabdruck, welchen Einfluss hat das Material auf die Umweltbilanz?  Aspekte, die auch die Hersteller von Bauprodukten veranlassen, sich mit diesen Themen intensiv zu befassen. Die Kupferindustrie ist sich ihrer Veranwortung bewusst und arbeitet schon seit Jahren an umweltgerechten Lösungen und der Weiterentwicklung von Werkstoffen oder an der Verbesserung von Lieferketten und Kreislaufwirtschaft. Jüngste Beispiel dafür sind die Gründung einer sogenannten Lead Free Brass Initiative sowie neueste Untersuchungen zu den Umweltsauswirkungen verschiedener Trinkwassersysteme.

Der Gebäude- und Bausektor verursacht jährlich etwa 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und ca. 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen: allein der Gebäudebetrieb ist für 28 Prozent der jährlichen Emissionen verantwortlich, weitere elf Prozent entfallen allein auf die Herstellung von Baumaterialien und die Konstruktion. Umso wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Betrachtung von Baumaterialien wie Kupfer- und Kupferlegierungen in Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit – und das nicht nur durch die Entwicklung neuer Werkstoffe, sondern auch durch die Überprüfung bereits bestehender Systeme.

Denn sogenannte eingebettete Kohlenstoffemissionen sind bereits beim Bau eines Gebäudes vorhanden und können nicht durch Verbesserungen der Energieeffizienz oder durch die Einführung erneuerbarer Energiesysteme reduziert werden. Daher sind Bauprodukte (z. B. Rohrleitungen oder Wasserhähne) mit geringeren Emissionsauswirkungen der Schlüssel zur Eindämmung des gebundenen Kohlenstoffs.

Wissenschaftlicher Ökobilanzvergleich

Ein von der International Copper Association in Zusammenarbeit mit Sphera durchgeführtes Forschungsprojekt untersuchte deshalb die Umwelt- und Emissions-Auswirkungen von drei Trinkwasserrohrsystemen – Kupfer, Kunststoff-Mehrschichtrohre (PEX-Al) und kunststoffvernetztem Polyethylen (PEX). Sphera führte eine Lebenszyklusanalyse  (LCA) mittels eines wissenschaftlichen Ökobilanzvergleichs gemäß ISO14040 durch, um zu ermitteln, wie sich die Produktion, die Lebensdauer und das Lebensende (EoL)-Phasen der Materialien auswirken.

Dr. Ladji Tikana, der für den Kupferverband die Studie mitbegleitet hat, dazu: „Wir haben die Wasserversorgung für eine 100m2-Wohnung untersucht und analysierten die benötigten Rohre und zusätzliche Systemkomponenten, wie z.B. Armaturen und Verbindungsstücke. Außerdem haben wir die Zusammensetzung der Materialien, ihre Eigenschaften, ihre Herstellungsverfahren und das jeweilige Recyclingpotenzial verglichen.“

Die Studie wurde in Übereinstimmung mit ISO14040/44 durchgeführt, und folgte den Richtlinien EN15804 der Umweltproduktdeklaration (EPD). Dr. Tikana weiter: „Die Analysen der drei Systeme wurden in Module gegliedert: A (A1-A5), die das Produktstadium und den Konstruktionsprozess abdeckten, C (C1-C4), in dem das Ende des Lebenszyklus der Materialien untersucht wurde, und D, in dem der „Nutzen jenseits der Systemgrenze“ (z. B. potenzielle Auswirkungen auf das Recycling) im Vordergrund stand.“

Bei der Beurteilung der drei Installationssyteme wurden die zehn Wirkungskategorien der europäische Norm für die Erstellung von EPDs für Bauprodukte  zugrundegelegt.

 Kupfer hilft bei der Reduzierung von Kohlenstoffemissionen in Gebäuden

„Das recht eindeutige Ergebnis für Kupfer hat uns alle überrascht“, fasst Michael Sander, Geschäftsführer des Kupferverband, das Resultat der Studie zusammen.

Im Vergleich zu Systemen aus Kunststoff (PEX-Al und PEX) zeigen die Ergebnisse der Ökobilanz, dass Kupferrohrsysteme für den Transport von Flüssigkeiten in Gebäuden (z. B. Trinkwasser, Heizung, Kältemittel, Gase) besser für das Erreichen der Dekarbonisierung geeignet sind.

„Die Daten deuten jedoch auf ein höheres Versauerungspotenzial und einen höheren Wasserverbrauch für Kupfer in den Lebenszyklusphasen A1 (Rohmaterial) – A3 (Produktherstellung) im Vergleich zu den Kunststoffsystemen,“ relativiert Tikana das Ergebnis. „Daher müssen für eine optimale Performance von Kupfersystemen in diesen Bereichen Verbesserungen vorgenommen werden, obwohl die vergleichbaren Auswirkungen bei Berücksichtigung der Recyclingfähigkeit ausgeglichen werden. Denn im Vergleich zu den Kunststoffsystemen hat nur das Kupfersystem eine garantierte Kreislauffähigkeit der Materialien.“

Kreislauffähigkeit ist entscheidender Faktor

Die Kreislauffähigkeit von Kupfer reduziert die Umweltauswirkungen von Gebäuden erheblich, insbesondere wenn die zukünftigen Produktlebenszyklen die Verwendung von recyceltem Kupfer berücksichtigen. Beide PEX-basierten Kunststoff Systeme weisen nur in den Kategorien Stromerzeugung und Wärmeenergie geringfügig eine Verringerung der Umweltauswirkungen auf, was auf die eher ineffiziente Verbrennung der Kunststoffsysteme am Ende ihrer Lebensdauer zurückzuführen ist. Daher sei die Rückgewinnung von Kupfer am Ende der Lebensdauer des Systems entscheidend, um das Potenzial von Kupfer als umweltfreundliches Material der Wahl für den Bausektor zu maximieren, ergänzt Tikana abschließend. (Die komplette Studie ist auf der Webseite www.copperalliance.org zu finden.)

Das Thema Kreislaufwirtschaft ist neben der Reduzierung des Bleigehaltes auch ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung bleifreier Kupferwerkstoffe, die im Fokus der neugegründeten europäischen Lead Free Brass Initiative (www.leadfreebrass.org) stehen, die sich jetzt auf Betreiben des International Wrought Copper Council (IWCC), einer weltweiten Handelsorganisation für die Kupfer und Kupferlegierungen herstellende Halbzeugindustrie, und zwölf seiner Mitglieder entstanden ist.

Ein Fahrplan in Richtung einer bleifreien Zukunft

Blei ist ein technischer Alleskönner, gerade auch als Legierungselement. Gleichwohl steht Blei in bioverfügbarer Form wegen gesundheitlicher Bedenken unter Druck; Einsatz und Nutzung sollen eingeschränkt werden, wo immer dies möglich ist, ungeachtet der Tatsäche, dass die Bleimigration aus den Kupferwerkstoffen im Einsatz vernachlässigbar ist. Obwohl die technischen Möglichkeiten und Grenzen der Substitution von Blei als Legierungselement für Kupfer-Legierungen beschränkt sind, arbeitet die europäische Kupferindustrie an entsprechenden Lösungen für eine nachhaltige Reduktion des Bleieinsatzes in ihren Produkten.

Gerade im Trinkwasserbereich finden sich eine Vielzahl von Anwendungen bleihaltiger Kupferwerkstoffe: Wasserhähne werden unter anderem aus der Kupferlegierung Messing hergestellt, ebenso wie Ventile und Zähler.

„Seit vielen Jahren entwickelt die europäische Messingindustrie neue Legierungen und ändert die Zusammensetzung bestehender Legierungen, um die strengen Anforderungen der Aufsichtsbehörden zu erfüllen, die eine sichere Trinkwasserversorgung der Verbraucher gewährleisten sollen,“ erläutert Dr. Klaus Ockenfeld vom Kupferverband. „Die europäische Messingindustrie will auch weiterhin sicherstellen, dass Kupferlegierungen nicht nur in der Sanitärtechnik, sondern auch darüber hinaus eingesetzt werden. Zu diesem Zweck hat sich die Lead Free Brass Initiative gegründet, denn die Verwendung von Blei wird immer strenger geregelt und beschränkt.“

Einsatz von Bleigehalten im Trinkwasserbereich weiter verschärft

Die fortlaufende Entwicklung von Vorschriften im Zusammenhang mit Trinkwasser wirkt sich auf die weitere Verwendung von Blei als wichtiges Legierungsmetall aus. Die Entwicklungen bei den Vorschriften für den maximalen Bleigehalt von Trinkwasser, wie es aus dem Wasserhahn kommt, werden verschärft. Der maximale Referenzparameter für Blei wird bis 2036 bei 5 μg/l liegen – gegenüber den heute zulässigen 10 μg/l. Wenn die derzeitige Aufteilung von 50:50 zwischen der Hausinstallation und dem Wasserwerk /Versorgungsunternehmen beibehalten wird, dürfen 2,5 μg/l Blei im vom Versorgungsunternehmen gelieferten Wasser und eine entsprechende Menge in der Hausinstallation enthalten sein. „Man kann nicht einfach Blei aus den dort eingesetzten Kupferlegierungen komplett weglassen“, so Ockenfeld weiter. „Es gibt ein Spannungsfeld, um die Verwendung von Blei in wichtigen Messingprodukten zu minimieren, und gleichzeitig die wertvollen physikalischen Eigenschaften der derzeit verwendeten Legierungen, z. B. die Bearbeitbarkeit, zu erhalten. Aus diesem Grund gibt es Maßnahmen der Industrie zum Aufbau eines nachhaltigen bleifreien Messingmarktes, der auch die Produktspezifika berücksichtigt.“ Blei erfüllt viele technische Funktionen in Kupferlegierungen, bei der Herstellung von Produkten und schließlich in den Produkten selbst: Dichtheit, Zerspanbarkeit, Kontaktsicherheit und Gleiten, Korrosionsbeständigkeit und diverse mechanischen Eigenschaften.

Ein Hauptziel der neuen Initiative der europäischen Kupfer-Halbzeuindustrie ist es, die weitere Verwendung von Kupferlegierungen für die Abgabe von Trinkwasser an den Verbraucher zu sichern und die Vorschriften für Trinkwasser, insbesondere die europäische Trinkwasserrichtlinie, einzuhalten. Dazu wurde ein Fahrplan entwickelt, der verschiedene Maßnahmen umfasst u.a. die Festlegung einer Legierungsfamilie, die das Potenzial haben könnte, die am häufigsten verwendeten bleihaltigen Messingsorten zu ersetzen und die Beibehaltung der Recyclingfähigkeit bleihaltiger Messinglegierungen zu gewährleisten.

Schrittweise Senkung des Bleigehalts von Messing

Während das Ziel darin bestand, potenzielle Legierungen mit einem geringeren Bleigehalt auszuwählen, musste auch die Bearbeitbarkeit sichergestellt werden; ein Bleigehalt von 0,1 % würde zu einem dramatischen Verlust der Bearbeitbarkeit führen und hätte erhebliche Auswirkungen auf die Kreislaufwirtschaft.  Voraussetzung für die Entwicklung neuer Legierungen war dabei die Zusammenarbeit der betroffenen Industrie wie sie in der Lead Free Brass Initiative gegeben ist: denn wenn einzelne Legierungszusammensetzungen ohne Absprache geändert werden, um den Bleianteil zu verringern, besteht die ernste Gefahr, dass diese verschiedenen Messingtypen im Recyclingstrom inkompatibel werden. Für jede Legierung müsste es getrennte Schrottströme geben, was nicht praktikabel wäre. Der Hauptrohstoff für die Herstellung von vielen Messingprodukten ist nämlich Schrott, was bedeutet, dass die Industrie bereits gute Referenzen für das Recycling und die Wiederverwendung von Materialien vorweisen kann. Doch die Kreislaufwirtschaft im Messingsektor läuft Gefahr, durch immer strengere Vorschriften für Blei unterbrochen zu werden. Die Kreislaufwirtschaft für Messingschrott in der EU sei zwar noch nicht „kaputt“, so Kupferverbands-Chef Sander, aber sie gerät zunehmend unter Druck: „Die Erzeugung von Schrott und seine Wiederverwendung in Europa ist und bleibt jedoch eine Schlüsselkomponente der Kreislaufwirtschaft.“

Auswahl weiterer Messing-Legierungen für den Trinkwassermarkt

„Um eine Einheitlichkeit zu gewährleisten, wurden vier Legierungen mit einem ähnlichen Kupfergehalt und einem geringeren Bleigehalt als die derzeit gebräuchlichen Legierungen ermittelt,“ erläutert  Ockenfeld die Vorgehensweise der Lead Free Initiative. „Die vier ermittelten Legierungen haben einen deutlich niedrigeren Bleigehalt als die derzeitige Spanne von 1,5 bis 3,5 %. Diese vier Legierungen basieren auf bekannten Normwerkstoffen (CW610N, CW611N, CW511L, CW727R) und sollen nach Abschluss der erforderlichen Zulassungsprüfungen (EN 15664) als CW610N-DW, CW611N-DW, CW511L-DW und CW727R-DW die bisher als 4-MSI-Metallliste bekannte Gruppe trinkwasserfähiger Legierungen ergänzen.

„Der Gesamt-Bleianteil in Messinglegierungen könnte bis 2035 dabei um mehr als 70 % reduziert werden, wenn man jetzt damit beginnt“, erläutert Ockenfeld abschließend den Fahrplan dieser neuen europäischen Initiative, zu der die europäischen Halbzeugproduzenten A.L.M.A.G. (Italien), Eredi Gnutti (Italien), Nordic Brass (Schweden), Diehl Metall (Deutschland), HME Brass France (Frankreich), San Marco (Italien), ElvalHalcor (Griechenland), HME Brass Italy (Italien), Sarbak Metal (Türkei), Trafilerie Carlo Gnutti (Italien), HME Brass Germany (Deutschland) sowie die Wieland-Werke AG (Deutschland) gehören.

Fazit: Kupferwerkstoffe bleiben im Baubereich ein wichtiges Element umweltbewussten und nachhaltigen Bauens.  Die Eigenverantwortung der Industrie gewährleistet zudem für Verarbeiter und Verbraucher, dass die entsprechenden Produkte ständig geprüft und weiterentwickelt werden, um bestmögliche Qualität zu sichern

 

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